Research against Global Authoritarianism  

ReGA-Newsletter #2 – January 2025 


Liebe Freund*innen und Interessierte,
willkommen zu unserem zweiten Newsletter über und gegen den Globalen Autoritarismus. Dies ist der erste Newsletter im Jahr 2025 und bereits vor der Amtseinführung von Donald Trump als Präsident der USA wird deutlich, welche internationalen Umbrüche seine Politik zur Folge haben dürfte.

Ihr findet in diesem Newsletter

→ wie immer einen Blick auf die AfD-Außenpolitik in Europa sowie weitere Infos über Europa Rechtsaußen sowie einen Blick auf die Rechtsparteien in Griechenland

→ unsere Berichte über zwei internationale Konferenzen, die in Madrid und Buenos Aires im Dezember 2024 stattgefunden haben

→ und abschließend Hinweise auf
kommende Events – von und gegen Rechts!

Doch zunächst zu den aktuellen Entwicklungen:

Während der Fertigstellung dieses Newsletters ist die Regierungskrise in Österreich in vollem Gange. Nachdem die Koalitionsgespräche zwischen der konservativen ÖVP, der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen NEOS gescheitert sind, könnte es nun zu einer FPÖ-geführten Regierung kommen. Dazu müsste die konservative ÖVP als Juniorpartner mitmachen und dafür gibt es leider derzeit einige deutliche Hinweise. Sollte es dazu kommen, könnte dies auch für die deutsche Rechte Vorbildcharakter haben. Wer über Österreich auf dem Laufenden bleiben will - was nicht einfach ist -, findet in dieser Liste bei bluesky hervorragende Berichterstattung, ebenso wie auf den Seiten von Der Standard, bei tag eins und - eh - bei Profil.

Währenddessen kopiert der CDU-Wahlkampf immer stärker den aggressiven und schrillen Kampagnenstil der internationalen extremen Rechten, das hatten wir auch schon in der ersten Ausgabe unseres Newsletters angesprochen. CDU und CSU lassen sich von internationalen Fachleuten beraten, die teilweise aus weit rechts stehenden Organisationen stammen. Aktuelles Beispiel für die Potenz dieser Netzwerke ist der neue Vorsitzende des Political Network for Values (PNfV), der in den USA aufgewachsene Kroate Stephan Bartulica, ein Mitglied des katholisch-fundamentalistischen Opus Dei.

Kurz vor Versendung dieses Newsletters interviewte Elon Musk auf seinem Nachrichtendienst X die deutsche Kanzlerkandidatin Alice Weidel. Dies war, nachdem Musk bereits zuvor auf X und in der Springer-Presse für die AfD geworben hatte, der wohl größte Boost für die deutschen Rechtsaußen auf der internationalen Bühne seit langem.

Aus eigener Kraft beschränkt sich die AfD außenpolitisch weiterhin darauf, sich für Putins Russland und gegen die Ukraine einzusetzen. Auf der Bühne der europäischen extremen Rechten findet die AfD nicht statt, ihre Isolierung ist derzeit komplett. Selbst Mitglieder der extrem rechten und extrem kleinen Organisation Nächste Generation sieht man öfter dort als irgendwelches AfD-Personal. Mehr dazu unter Europa Rechtsaußen.

Der argentinische Präsident Javier Milei wird mit seiner autoritären und rechts-libertären Politik international und auch in Deutschland immer beliebter - und ist inzwischen seit einem Jahr im Amt. Einen hervorragenden Überblick über den bisherigen Umbau im Außenministerium liefert dieser Artikel bei Revista Crisis. Die Menschenrechtsorganisation CELS (Centro de Estudio Legales y Sociales - Center for Legal and Social Studies) hatin einem Dossier ein Resumee der bisherigen autoritären Politik Mileis gezogen. Auf ihrer Webseite Milei. 1 año beschreiben sie die Folgen für die sozialen Organisationen. „Die Ausübung demokratischer Rechte ist heute gefährlicher”, schreiben sie, es gab Beschränkungen öffentlicher Demonstrationen, schärfere Polizeieinsätze mit willkürlichen Verhaftungen. Dies traf die Möglichkeiten sozialer Organisationen, ihre politischen Meinungen zu äußern, genauso wie die Vielzahl von Strafanzeigen. Es ist wichtig, diese Erfahrungen auch hier bekannt zu machen und den schwärmerischen Reden auf Mileis angebliche Wirtschaftserfolge entgegen zu setzen.

Was können wir den autoritären und antidemokratischen Entwicklungen entgegen stellen? Dies wird ein Aspekt eines Projektes sein, mit dem sich „Research against Global Authoritarianism” (ReGA) im Jahr 2025 beschäftigen wird. Wir freuen uns sehr, dass wir eine Förderung durch „Brot für die Welt” erhalten haben, um die internationale Zusammenarbeit mit unseren argentinischen Freund*innen von CELS voranzutreiben. In Zukunft werden wir mithilfe der Förderung unter anderem die Berichterstattung über Argentinien und ganz Lateinamerika ausbauen können.

Warum dieser Newsletter?
Wem eine Politik wichtig ist, die sich an an Menschenrechten und Emanzipation orientiert, muss sich den Machtansprüchen der Globalen Rechten entgegenstellen. Die Argumente und Ansatzpunkte für Gegenstrategien hierfür kann ein Monitoring der Globalen Rechten, ihrer Akteure und Events liefern. „Research against Global Authoritarianism“ (ReGA) will dazu beitragen, den Fokus auf den globalen Charakter der extremen Rechte zu legen, damit lokaler Widerstand effektiv möglich ist. Denn es sind lokal und global die gleichen autoritären Kräfte, die zugleich den Schutz und die Verteidigung der Menschenrechte erschweren sowie den Einsatz für humanitäre Ziele kriminalisieren möchten. Eine widerständige Praxis gegen rechts sollte diese beiden Ebenen daher gleichermaßen im Blick behalten.

AfD-Außenpolitik

AfD blickt weiter nach Osten

Die Personalie um Matthias Moosdorf, den neuen außenpolitischen Sprecher der AfD seit September 2024, bleibt weiterhin offen. Wie berlin direkt meldete, wurde der Antrag in der Bundestagsfraktion auf Abwahl von Moosdorf Anfang Dezember 2024 vertagt. Moosdorf war intern und öffentlich kritisiert worden, weil er eine Honorarprofessur in einer Kreml-nahen russischen Musikhochschule angenommen hatte, wie die Presse berichtete
Derweil gehen die Kontakte von AfD-Repräsentanten zu hochrangigen Personen aus Russland weiter. Die beiden bayerischen AfD-Mitglieder Rainer Rothfuß, Mitglied des Bundestags aus Lindau, und Ulrich Singer, Mitglied des Landtages aus Wemding, weilten auf Einladung und auf Kosten des Russland-nahen und in Indien ansässigen Brics International Forum im russischen Sotschi, um unter anderem in vertraulicher Runde einem dreistündigen Vortrag mit dem russischen Ex-Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew zu lauschen. Davon berichtet t-online und davon, dass auch Maximilian Krah zur gleichen Zeit in Sotschi war. Die Parteispitze reagierte deutlich ablehnend, wie in der Jungen Freiheit nachzulesen war.


AfD-Programmentwurf auf dem Tisch



Der Entwurf für das AfD-Wahlprogramm zur kommenden Bundestagswahl liegt seit einiger Zeit vor. Online unter anderem hier bei der Landeszentrale für Politische Bildung in Baden-Württemberg nachzulesen (PDF). Darin geht es selbstverständlich auch um die Themen Außenpolitik und Entwicklungspolitik. Beides wird in dem Leitantrag für den kommenden Parteitag am 11.1.2024 im sächsischen Riesa unter dem Kapitel „Äußere Sicherheit” (ab Seite 46) abgehandelt.

Die Positionen bieten wenig überraschendes und sind überwiegend so oder ähnlich schon in anderen Wahlprogrammen aufgetaucht, wie zuletzt in dem für die Europawahl 2024. Sehr deutlich wird die EU abgelehnt und ein „Europa der Vaterländer” befürwortet. Eine Osterweiterung von EU und NATO wird abgelehnt, eine multipolare Weltordnung als Chance gesehen, ohne zu erklären, worin diese besteht.

Wie schon in den letzten Jahren wird auch in dem Leitantrag wieder die Hinwendung zu einer äußeren „Realpolitik” beschworen, die in Opposition zu der angeblich gescheiterten „wertebasierten” Außenpolitik stünde. Damit wird vor allem jene Politik angegriffen, die beispielsweise auf die Einhaltung oder Umsetzung von internationalem Recht und anerkannten Menschenrechtskonventionen sowie von demokratischen Prinzipien in zwischenstaatlichen Beziehungen oder in Konfliktsituationen besteht. Daher wird auch gefordert:

„Das Selbstbestimmungsrecht der Völker darf nicht durch die Agenden zwischenstaatlicher Organisationen, von Nichtregierungs-Organisationen (NGO) und durch den Machtzuwachs global agierender Konzerne ausgehöhlt werden.” (S. 46)
 

Angriff auf die Arbeit von NGOs


Doch nicht nur in den internationalen Beziehungen greift die AfD die Arbeit von sozialen Organisationen und NGOs an. In der „Asylverfahrensberatung und -Betreuung”, so der Antrag, sei die staatliche Förderung von NGOs „einzustellen”. Ebenso sei die „Abschiebeverhinderung durch NGOs” konsequent zu ahnden (S. 55). Organisationen wie „Faktenchecker” und „Correctiv” würden für staatliche Desinformationskampagnen eingespannt (S. 19) und seien damit für die Einschränkung der Meinungsfreiheit mitverantwortlich.

NGOs gehören in vielerlei Hinsicht zu den Feindobjekten der globalen autoritären Politik. Erst im November war in der niederländischen Presse berichtet worden, dass die neue Rechtsaußen-Koalition das Budget für NGOs in der Entwicklungszusammenarbeit von 1,4 Milliarden auf 400 Millionen Euro zusammen streichen will. Die niederländische Ministerin für Außenhandel und Entwicklung, Reinette Klever von der Partij voor de Vrijheid (PVV), bezeichnete die bisherige Arbeit der Organisationen als „total ineffizient”.

Mit dem gleichen Argument formuliert der AfD-Programmentwurf: „Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung fordern wir eine detaillierte Prüfung dieser Organisationen und deren Projekte, mit dem Ziel, unnötige und ideologiebasierte Ausgaben einzusparen.” In dem Absatz „Entwicklungspolitik neugestalten” (S. 51) wird man deutlicher: „Die Förderung von fragwürdigen gender- und WOKE-ideologiebasierten Entwicklungsprojekten ist zu beenden.”

Europa Rechtsaußen

EKR in Rom und Dubrovnik
Das Atreju-Fest in Rom ist das politische und kulturelle Highlight im Kalender der italienischen Rechten. Es hat eher den Charakter eines politischen Festivals als einer Konferenz, viele Familien und Parteimitglieder aus anderen Teilen Italiens nehmen daran teil. Ein ganzer Teil der Stadt wird dafür abgesperrt und zur Festzone mit Budenstadt und Eisbahn umgestaltet. Am 14. Dezember demonstrierten etwa 100.000 Menschen gegen die italienische Rechtsregierung, vorwiegend mobilisiert durch außerparlamentarische Bewegungen.

Der Name des Festivals ist tatsächlich von der „Unendlichen Geschichte” von Michael Ende inspiriert, wie die EKR selber schreibt: eine Anspielung auf den jungen Krieger, der „an den Mut, den Kampf und das Engagement für die eigenen Ideale erinnert, Werte, die in der Jugend der italienischen Rechten seit jeher mitschwingen, um ihre Generationen vor der Gefahr der Gleichgültigkeit zu schützen, die in diesem Fall vom Nichts ausgeht. Die unendliche Geschichte selbst ist symbolisch und steht für die Geschichte der Tradition, die die Rechte gegen den linken Progressivismus, der die Werte und Symbole der Vergangenheit zerstören will, verteidigen will.” Michael Ende hatte sich - ebenso wie seine Erben - vergeblich gegen die Vereinnahmung von Rechts verwahrt.

— Prominente Gäste, neue Führung —

Politisch werden jedes Jahr internationale Prominente eingeladen, letztes Jahr unter anderem Elon Musk, diesmal Javier Milei und die britische Innenministerin Yvette Cooper (Labour Party). Während seines Besuches erhielt der argentinische Rechts-Libertäre einen Preis vom italienischen Milton Friedman Institute. Höhepunkt des Festes ist traditionell die Rede Melonis am Sonntag, wo sie mit dem politischen Gegner scharf abrechnet. Hier verkündete sie auch ihren Rückzug vom EKR-Vorsitz und stellte Mateusz Morawiecki (polnischer Ministerpräsident der PiS von 2017 bis 2023) als ihren Wunschkandidaten vor.

Morawiecki tauchte bei vielen der letzten Events der EKR auf, in Atreju ebenso wie auch im Oktober im kroatischen Dubrovnik bei dem zweiten European Congress on Family der EKR. Morawiecki betonte in einem Interview mit dem italienischen Corriere della Serra seine Kontinuität zur Politik Melonis. Die EKR sehe er im Zentrum mit einer hervorragenden Position, man könne sowohl mit der EVP (der christdemokratischen Fraktion) als auch mit den Patrioten (Orbáns) und den Souveränisten (AfD) reden. Umstritten im Verhältnis zu den Patrioten für Europa sei „das Verhältnis zu Russland im Krieg in der Ukraine”: „Für uns ist es der Rubikon, den wir nicht überschreiten können.”

— Nächste Generation und Bündnis Deutschland —

Prominente deutsche Gäste sucht man vergeblich bei den EKR-Veranstaltungen. In Dubrovnik war als einziger Redner Tilman Rüsch aufgetreten. Der Unternehmer Rüsch ist Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung für Familienwerte, die ein christlich-konservatives Familienbild fördert. Öfter aufgetaucht sind die jungen Mitglieder der Nächsten Generation. Diese kleine Gruppierung, die sich in ihrer Satzung als bundesweite Wählervereinigung bezeichnet, wurde im Verlauf des Jahres 2024 gebildet. Kleine Delegationen der NG, zum Teil mit dem Bundesvorsitzenden Marvin Schmiedecke und dem Generalsekretär Felix Kunde, besuchten die EKR-Veranstaltungen in Rom und Dubrovnik.

Ebenfalls vor Ort: das Mitglied im Bundesvorstand des Bündnis Deutschland, Arniko Meinhold. Diese Kleinstpartei am rechten Rand hatte bis zur letzten Wahl den ehemaligen AfDler Lars Patrick Berg als Mitglied im Europäischen Parlament. Die sogenannte Nächste Generation wirkt auf den ersten Blick wie die Parteijugend des Bündnis Deutschland (BD), etliche der NG-Mitglieder sind auch dort Mitglied oder arbeiten bei der BD. Tatsächlich hat das BD jedoch erst im November 2024 die Jugendorganisation „Junges Bündnis” etabliert.

Die extreme Rechte in Griechenland nach der Europa- und der US-Wahl

Von Dimosthenis Papadatos-Anagnostopoulos, Simeio

Von den insgesamt 31 Parteien, die bei der Europawahl im Juni 2024 in Griechenland antraten, waren alleine 12 aus dem extrem rechten Spektrum. Von diesen sind drei ins 10. EU-Parlament eingezogen: die Griechische Lösung (Ellinikí Lýsi – EL) erhielt 9,30% und damit 2 Sitze, die Demokratische Patriotische Bewegung (Dimokratikó Patriotikó Kínima - Niki) 4,37% und einen Sitz, die Stimme der Vernunft (Foni Logikis – FL) 3,04 %, einen Sitz. Der Trend, den diese drei Parteien schon bei den zwei Parlamentswahlen im Jahr 2023 verzeichnet haben, hat sich damit gefestigt. Welche Positionen vertreten diese drei Parteien?

Über die Ellinikí Lýsi - EL
Der Vorsitzende der EL, Kyriakos Velopoulos, ein ehemaliger TV-Moderator, der Coronavirus-Salben und „Jesus-Briefe“ verkaufte, verfolgt eine populistische Politik mit doppelter Botschaft. Auf der einen Seite, um nicht als rechtsextrem bezeichnet zu werden, lobt er den historischen Führer der sozialistischen Partei, Andreas Papandreou. Velopoulos erklärt, dass er „für die Armen regieren“ würde und präsentiert sich als Unternehmer mit einem sozialen Gesicht. Auf der anderen Seite nutzt er das gesamte ideologische Arsenal der extremen Rechten: Nationalismus, Rassismus, Wohlstandschauvinismus, den Ruf nach einem autoritären Staat.
Velopoulos hat in der Zeit der Corona-Pandemie unter Ausnutzung von religiösen Gefühlen und eines verbreiteten Irrationalismus unwissenschaftliche Ansichten und Verschwörungsthesen vertreten.
Politische Beobachter*innen beschreiben als seine herausragenden Kennzeichen im Politikbetrieb seinen Taktikismus und Opportunismus. Obwohl er sich in Opposition zu der regierenden Nea Dimokratia üben will, hat er kein Problem damit, sich bei wichtigen Gesetzentwürfen auf die Seite der Regierung zu stellen, vor allem bei solchen, die zu seinen Gunsten wirken könnten. Velopoulos war so ein bereitwilliger Helfer der Regierung, als diese von Skandalen erschüttert war.

Beziehungen zur europäischen extremen Rechten
Die griechische extreme Rechte distanziert sich überwiegend vorsichtig von der deutschen AfD aus drei Gründen: 1.) deren chauvinistische Haltung zur griechischen Wirtschaftskrise, 2.) die eigene Haltung zugunsten der Forderung nach deutschen Reparationen und 3.) das jüngste Zerwürfnis zwischen Le Pen und Meloni und mit der AfD. Trotzdem sprach EL-Chef Velopoulos vor kurzem anerkennend von einem „Sieg der AfD“.
Im EU-Parlament sind die griechischen Abgeordneten auch geteilt:
Die EL-Abgeordneten im EU-Parlament sind bei der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) unter Giorgia Meloni gelandet. Die Spitzenkandidatin der Stimme der Vernunft zur Europawahl und jetzige Abgeordnete, Afroditi Latinopoulou, hatte sich zwar vor den Europawahlen selber als „griechische Meloni“ präsentiert, schloss sich dennoch den neugegründeten Patrioten für Europa (PfE) unter Viktor Orbán an. Der Vorsitzende der PfE, der Franzose Jordan Bardella vom Rassemblement National, hat in einem Interview mit der Zeitung Kathimerini die Stimme der Vernunft als „Schwesterpartei“ beworben. Nur die Niki ist bei keiner Fraktion im EU-Parlament registriert.

Einstellung zu Russland
Die griechische Politik ist in einem sehr starken Maße pro-russisch eingestellt, rechts wie links. Trotzdem bieten die Vertreter*innen der griechischen extremen Rechten ein uneinheitliches Bild, wenn es um die Beziehungen zu Russland geht. EL-Chef Velopoulos behauptete, dass „Griechenland ohne Russland vorbei ist“. Er wirbt mit seinen „persönlichen Beziehungen“ zu Putin und schrieb bereits 2015 das Buch Putins Russland. Trotzt dieser Ausrichtung ist seine Einstellung pro NATO-Bündnis.
Latinopoulou wiederum stimmte im Oktober im Europäischen Parlament für einen Kredit in Höhe von 35 Milliarden Euro aus russischen Vermögenswerten in die Ukraine, was prorussische Rechtsextremisten frustriert. Sie hat die klarste Pro-NATO-Linie unter den drei extrem rechten Parteien.
Dimitrios Natsios, Chef der Niki, ist gegen eine griechische Unterstützung für die Ukraine und hält die Position der derzeitigen Regierung gegenüber Russland für „selbstmörderisch“. Natsios ist mit christlich-orthodoxen Mönchen und Bruderschaften auf dem Berg Athos verbunden, die Putin unterstützen und russische Gelder erhalten.

Haltung zu Trump
Schiere Freude und Einigkeit herrscht aber im Verhältnis zum designierten US-Präsidenten Donald Trump. Velopoulos (EL) schrieb schon vor der Wiederwahl zugunsten Trumps, wofür er „glücklich“ sei, wie er sagte.
Unmittelbar nach Trumps Wahl trat Latinopoulou in einer TV-Show auf und tanzte zu dem Pop-Song YMCA. Sie erklärte, dass „das Licht die Finsternis besiegt hat“. Natsios von der Niki sagte in einer Rede im Parlament, dass „ein Tag der Hoffnung für den ganzen Planeten angebrochen ist“ und dass „die Würde gesiegt hat, die Woke-Paranoia besiegt wurde!“. Darin konnten auch die neofaschistischen ‚Spartaner‘ einstimmen: Sie gratulierten Trump in einer Erklärung dazu, dass er „der Woke-Agenda und dem globalisierten Apparat widerstanden hat, der versucht, nationale Identitäten zu eliminieren“.

Im Januar 2025 schlug Velopoulos dem Griechischen Parlament vor, Elon Musk nach Griechenland einzuladen, damit dieser dort eine Rede halte. Velopoulos behauptete, so manifestiere Griechenland seine Unterstützung der Meinungsfreiheit.

Einen ausführlichen Simeio-Länderreport zu Griechenland vor den EU-Wahlen findet ihr hier bei Hope not Hate (PDF, englisch).

Internationale Konferenzen in Buenos Aires und Madrid

CPAC Argentina in Buenos Aires
Fünf Mal traf sich die Conservative Political Action Conference (CPAC) im Jahr 2024, zuletzt am 5. Dezember 2024 in Argentinien. Fast genau ein Jahr nach der Amtseinführung des rechts-libertären argentinischen Präsidenten Javier Milei kamen Anhänger:innen von Donald Trump und internationale Vertreter:innen der extremen Rechten in Buenos Aires zusammen. Sie feierten radikale Sozialkürzungen und autoritäre Sicherheitsdekrete der argentinischen Regierung, beschworen den Kulturkampf von rechts - gegen demokratische, feministische, inklusive Ideen und Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit.

„Wir sind die Avantgarde“, sagte Milei, er sprach von einem historischen Moment und beschwor eine „Rechte Internationale“. Besonders bemerkenswert sind seine Vorstöße, zusammen mit den USA und Italien ein Gegengewicht zur UNO aufbauen zu wollen, um gegen Nachhaltigkeits- und Klimaziele sowie gegen Frauen- und Minderheitenrechte vorzugehen.

Unsere Kollegin Ute Löhning berichtete vom CPAC Argentinien:
„Rund 1000 Gäste sind ins Hilton-Hotel im Nobelbezirk Puerto Madero der argentinischen Hauptstadt gekommen. Zuerst wird die argentinische, dann die US-amerikanische Nationalhymne gespielt. Mit »Viva Argentina! Viva USA! Viva Israel! Viva Lateinamerika!«, begrüßt die Gastgeberin Mercedes Schlapp die Gäste. »Wer ist zum ersten Mal bei einer CPAC?«, fragt ihr Mann Matt Schlapp, der Präsident der konservativen Konferenz, in den Saal. Die meisten Hände recken sich nach oben. Kein Wunder, denn im Publikum sitzen viele sehr junge Argentinier und – etwas weniger – Argentinierinnen. Die Männer recht gleichförmig aussehend mit blauen Anzügen und Undercut, die Frauen meist sehr schick gekleidet. Sie sind stramm auf Mileis rechts-libertärem Kurs, aber noch frisch in der Politik, beginnen sich auch international zu vernetzen, bei dieser Konferenz, der ersten CPAC, die in Argentinien stattfindet.”

Den gesamten Artikel von Ute Löhning auf deutsch findet ihr hier unter dem Titel Mit Gott, Vaterland, Freiheit – und Sozialkahlschlag sowie auf Spanisch in dem chilenischen Onlinemedium Interferencia.

VI. Transatlantic Summit Madrid

Am 1. und 2. Dezember 2024 tagte in Madrid der VI. Transatlantic Summit des Political Network for Values (PNfV) im Sitz des spanischen Senats und daher unter besonders hohen Sicherheitsvorkehrungen. Im Gegensatz zu früheren Summits war dieser kleiner und es waren weniger hochrangige Politiker*innen anwesend als gewöhnlich.

Wie bei allen diesen Veranstaltungen trafen sich einen ganzen Tag lang Parlamentarierinnen, Ministerinnen und Mitglieder ultrakonservativer Organisationen aus Lateinamerika, Europa, den Vereinigten Staaten und Afrika, um sich zu vernetzen, über Gesetzesentwürfe nachzudenken, erfolgreiche Erfahrungen auszutauschen und Strategien zur Bekämpfung der Linken und der von ihnen als „woke“ bezeichneten, linken Kultur zu entwickeln.

Fundamentalistische christliche Werte durchsetzen

Während der Konferenz wurde auf acht Panels vor allem darüber geredet, wie “christliche Werte” in der öffentlichen Politik mehr Bedeutung bekommen kann, wie die Kultur des Lebens (‘culture of life’) sich durchsetzen kann. Der Präsident des polnischen ultrakatholischen Ordo Iuris, Jerzy Kwaśniewski, die Abgeordnete der ÖVP, Gudrun Kugler, Stephan Schubert, Abgeordneter aus Chile oder auch Sharon Slater (Family Watch International) aus den USA traten unter anderem als Sprecher*innen auf. Valerie Huber, Präsidentin des Institute for Women’s Health aus den USA, erwähnte, dass sich der designierte US-Präsident Trump ihr gegenüber bereits dazu bekannt habe, die “Genova Consensus Declaration” wieder einzusetzen, die sich gegen das Recht auf Abtreibung ausspricht.

Dieses Ziel hat auch das auf dem Summit verabschiedete Madrid Commitment. Die Unterzeichnenden verpflichten sich darin, alles zu tun, damit ihre Regierungen die ‘Geneva Consensus Declaration’ in ihren Ländern einsetzen. Das Dokument wurde angeblich von 300 Personen unterschrieben.


Führungswechsel nach Europa

Einen Wechsel gab es an der Spitze des Political Network for Values. Der kroatische Europaabgeordnete Stephen Bartulica löst den Chilenen José Antonio Kast als Präsident ab, der das Amt zweieinhalb Jahre lang innehatte. Kast sagte: „Ich ermutige Sie, standhaft und beharrlich das Gute und Wahre zu verteidigen. Ihr Beispiel inspiriert Menschen in der ganzen Welt. Wir müssen in der Arena der Politik kämpfen, aber es reicht nicht aus, Wahlen zu gewinnen, es ist die Kultur, die letztlich das Schicksal unserer Nationen bestimmen wird. Hier dürfen wir keinen Zentimeter nachgeben. Wir sind aufgerufen, die Herzen und Köpfe der nächsten Generation zu gewinnen.”

Stjepo (Stephen Nikola) Bartulica sitzt seit 2024 als Abgeordneter der kroatischen Partei Domovinski Pokret (Homeland Movement – Heimatbewegung) im Europaparlament, für die er auch ab 2020 in das Landesparlament eingezogen war. Der in St. Joseph / Missouri (USA) geborene Kroate ist Mitglied des rechts-katholischen Opus Dei und hat seit seiner Rückkehr nach Kroatien vor allem gegen reproduktive Rechte gekämpft. Im Februar 2009 gründete er das Zentrum für die Erneuerung der Kultur (Centar za obnovu kulture – COK), “dessen Mission es ist, den ›neuen Konservatismus‹ zu fördern, das traditionelle Ehe- und Familienverständnis zu stärken und sich für Lebensschutz, d.h. gegen Abtreibung, einzusetzen”, so Jadranka Rebeka Anić (2021).

Über den VI. Transatlantic Summit berichteten u.a. unsere Kollegin Andrea Dip in ICL Noticias (Brasil), Klementyna Suchanow auf wyborsza.pl (Poland) und euractiv.

Upcoming Events

January 24-25
„Europa Aeterna“-Konferenz „Konservativismus - alles was recht(s) ist?“ in Wien, u.a. mit David Engels und Andreas Mölzer. Zitat: „In dieser soll geklärt werden: Was genau ist denn eigentlich der Konservativismus? Bei aller Erosion der Klassifizierung politischer Weltanschauungen – worin besteht sein Wesenskern?” Es gibt 21 Vorträge, die teilweise auch auf Englisch gehalten werden. 

January 30
A Patriots Network Conference in Brussels with „MPs and consuls from many countries” is announced. Only confirmed speaker is Brank Grims, MEP from Slovenia (status from January 8th). The Network is formed by members of far-right youth organizations from North and South America, Africa, Asia and Europe. In Europe the youth wings of Fratelli d’Italia (Gioventù Nazionale), of Rassemblement National, AfD (Junge Alternative) and many others are involved. Further meetings are announced for Lisbon and Amsterdam. Another conference had been announced for Washington, DC on December 28 but the media channels of the organisation show no further notices.

February 17-19
The Alliance for Responsible Citizenship (ARC) will meet on the „Conference 2025“ in London (UK). The organization announced the participation of „public intellectuals such as Prof. Arthur Brooks, Prof. Sir Niall Ferguson, Bjorn Lomborg and Dr Jordan B. Peterson; politicians represented from Europe, North America and Australasia ranging from the former Australian Prime Ministers Tony Abbott and John Howard to the Speaker of the United States House of Representatives, Mike Johnson; leading scientists such as Dr Scott Tinker; business leaders including Sir Paul Marshall and Baroness Morrissey; and thought leaders and culture shapers Konstantin Kisin and Ayaan Hirsi Ali”. Many of them are also members of the Advisory Board of ARC like Peterson, Ali, Abbott, Johnson, Lomborg, Brooks. Also on the board are well known figures like Gudrun Kugler (ÖVP Austria), Eduardo Verástegui (Mexico), Miriam Cates (UK) or Vivek Ramaswamy (USA).

March 14-16
In Berlin findet eine Ayn-Rand-Convention statt. Auf ihrer Webseite bewirbt das Ayn Rand Institute den Event so: „Designed for students of Objectivism ready to take the next step on their journey, AynRandCon-Europe will give you a chance to meet Ayn Rand University faculty, including prominent Objectivist intellectuals such as Onkar Ghate and Nikos Sotirakopoulos. (…) Learn more about pursuing an intellectual career in Objectivism.” Die Veranstaltung richtet sich gezielt an jüngere Menschen unter 35 Jahren. Die Autorin Ayn Rand gilt in rechts-libertären Kreisen als Vordenkerin und wird als Befürworterin eines entfesselten Kapitalismus gefeiert.
 

Past Events


December 13–15
International ECR Party International delegation to Atreju, the annual event by the Fratelli d’Italia in Rome. See the report here.

December 3-5
IDU Forum Washington, DC 2024, one of the IDU annual events. Announced speakers were - between others - Tony Abbott (Australia), Antonia Ferrier (International Republican Institute), Amichai Chikli (Israel, Minister of Diaspora Affairs), Silvana Koch-Mehrin (Germany), Sebastian Kurz (Austria), David McAllister (Germany, CDU), Dubravka Šuica (designated European Commissioner of the Mediterrean), Manfred Weber (President of EPP, CDU).
Die IDU berichtet hier von dem Forum in Washington.

December 3–4
CPAC Argentina 2024 en Buenos Aires. See the report here.

December 2
VI. Transatlantic Summit of the Political Network for Values (PNfV) in Madrid, under the headline ‚For freedom and a culture of life‘. See our report here.


Vernetzung gegen Rechts

24. – 26. Januar 2025
Die politische Rechte in Lateinamerika. 8. Hofgeismarer Lateinamerikagespräche
Die Tagung analysiert die politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Folgen der (ent-)demokratisierenden Entwicklungen in Lateinamerika aus interdisziplinärer Perspektive. Gemeinsam mit Wissenschaftler*innen und zivilgesellschaftlichen Akteuren wird diskutiert, wie demokratische Werte, politischer Dialog und inklusive politische Prozesse gestärkt werden können, welche Bedeutung die Entwicklungen in Lateinamerika für Europa haben und inwiefern sich inmitten der Krise der Demokratie alternative demokratische Prozesse für nachhaltige Entwicklung herausbilden. Mehr Infos auf der Webseite der Akademie Hofgeismar
 
27. – 30. März 2025
Good Night Far Right – Strategien gegen Rechts. Im Frühjahr 2025 organisiert die Rosa-Luxemburg-Stiftung einen internationalen Erfahrungs- und Strategieaustausch zu den drängenden Fragen von linker Strategie, Bündnispolitik und notwendigen Antworten auf rechte Diskurse. Angekündigt werden „politische Akteur*innen aus verschiedenen Kontexten und Weltregionen in Berlin, Aktive aus linken Parteien und Bewegungen aus Europa, Lateinamerika und den USA, aus Netzwerken und Initiativen aus dem gesamten Bundesgebiet, die sich gegen rechts engagieren.“ Mehr Infos hier online.
 

Der Ausblick auf unsere Februar-Ausgabe

Wir werden sicherlich von einigen aktuellen Entwicklungen berichten müssen, auf europäischer und weltweiter Ebene: USA, Rumänien, Kanada, Österreich. Deutschland?
Ein genauerer Blick auf das Patriots Network und dessen Verbindungen ist geplant.
Wir werfen wie jedes Mal einen Blick auf die AfD-Außenpolitik und auf Europa Rechtsaußen.

An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet: Ulli Jentsch, Andrea Dip, Ute Löhning, Susanne Brust sowie viele mehr, die sich intensiv mit der Globalen Rechten auseinander setzen und von denen wir beständig lernen. Vielen Dank an gegenfeuer.net für die Unterstützung bei Layout und Handling.

Die Arbeit an diesem Newsletter wurde ermöglicht durch die Förderung von ‚Research against Global Authoritarianism‘ durch medico international e.V.

Agentur für Soziale Perspektiven e.V.

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